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Als ich morgens auf den Balkon trat, sah ich als erstes das Boot, das ein paar Menschen durch die überschwemmte Straße ruderten. Schlagartig war ich wach. Nachts wiegte uns der wild aufs Dach trommelnde Regen noch in den Schlaf. Am nächsten Tag hatte der Niederschlag die komplette Stadt Hue überflutet. In knallbunten Regencapes gekleidet wateten die Einheimischen – zum Teil bis zur Hüfte im Wasser – durch die Straßen oder bewegten sich in hölzernen Booten durch die Wassermassen. An die Weiterreise war nicht zu denken, wir saßen in der ehemaligen Kaiserstadt fest. In die Fluten mussten wir uns dennoch begeben, denn spätestens am Abend war der Hunger kaum noch auszuhalten. Bis über die Knie standen wir im Wasser. Für uns eine Ausnahmesituation – für die Einheimischen während der Regenzeit ein normales Ereignis. Der Regen hört nicht auf Ein Student führte uns zu einem kleinen Kiosk, in dem wir uns mit gigantischen Mengen an Keksen und Chips eindeckten. Keiner wusste, wie lange die Flut andauern würde. Der andauernde Regen machte wenig Hoffnung auf Besserung. Unser Gastgeber, der wegen des Stromausfalls am Abend Kerzen verteilte, legte uns nahe, dass wir uns auf bis zu einer Woche Hochwasser einstellen sollten. Wider Erwarten war am nächsten Morgen so viel Wasser abgeflossen, dass wir in Gummi-Latschen, die wir in einem Laden neben unserer Unterkunft gekauft hatten, durch die restliche Flut zur Bushaltestelle fliehen konnten. Zwar mit 20 Kilo Gepäck und stellenweise noch kniehoch im Wasser – aber immerhin ging es weiter. Überschwemmte Straße in der vietnamesischen Stadt Hue Die ehemalige Kaiserstadt Hue liegt in Zentralvietnam und markierte etwa die Hälfte unserer dreiwöchigen Reise durch das südostasiatische Land. Ein Land voller bunter Lampions, winziger Plastik-Stühle, fantastischem Kaffee, dröhnender Pop-Musik, Räucherstäbchen – und eindrucksvoller Landschaften. Die Fläche Vietnams ist schmal, dafür aber sehr lang: Mehr als 2000 Kilometer von Nord nach Süd, inklusive 3260 Kilometer Küstenlinie. Das Land durchläuft verschiedene Klimazonen. Tropische Wälder reihen sich an Sandstrände, Gebirgszüge und Reisfelder. Zwischendrin aufstrebende Metropolen und ursprüngliche Dörfer. Wegen seiner langgezogenen Fläche eignet sich Vietnam hervorragend für eine Reise von Norden nach Süden oder umgekehrt. Die wichtigsten Tipps und Highlights für eine Rundreise durch das südostasiatische Land. Vor der Reise: Visum und Impfung Vietnam hat die visafreie Einreise für deutsche Staatsbürger im vergangenen Jahr auf 45 Tage erhöht. Für eine Reisedauer, die diesen Zeitrahmen nicht überschreitet, reicht ein Reisepass. Bei der Einreise wollen die Behörden in der Regel bereits die Rück- oder Weiterflugtickets sehen, diese sollte man also parat haben. Wer einen längeren Aufenthalt plant, kann das Visum auf der Webseite der vietnamesischen Einwanderungsbehörde oder über eine Visa-Agenturen beantragen. Zwar sind keine Pflichtimpfungen für die Einreise vorgesehen, ein paar Immunisierungen sind aber wichtig. Besonders gegen Hepatitis A, B und Tollwut sollte man den Impfschutz auffrischen. Daneben kann auch die Immunisierung gegen Dengue-Fieber, Typhus und Japanische Enzephalitis sinnvoll sein. Am besten lässt man sich vom Hausarzt oder einem Tropenmediziner beraten. Reisen vor Ort: Schlafbusse und grandioses Internet Bei der Ankunft am Flughafen haben wir uns als Erstes eine vietnamesische SIM-Karte zugelegt. Für einen Monat unlimitierte Daten zahlten wir knapp 15 Euro. Der Preis ist nochmal ein paar Euro günstiger, wenn man sich die SIM-Karte in der Stadt holt. Eine vietnamesische SIM-Karte ist absolut empfehlenswert, wenn man viel im Land unterwegs sein will. Auch wenn es in den meisten Restaurants und Cafés WLAN gibt, ist man mit eigenem Internet unabhängig und kann jederzeit nach dem Weg suchen oder ein (Grab-)Taxi bestellen. Das Mobilfunknetz ist super ausgebaut, sodass man nahezu im ganzen Land immer über schnelles Internet verfügt. Um sich zwischen den verschiedenen Reisezielen fortzubewegen, gibt es kein besseres Transportmittel als die Schlafbusse. Statt eines Sitzes bekommt jeder Gast eine Liege zugewiesen – inklusive Kopfkissen und Decke – auf der man es sich bequem machen kann. Die Preise sind sehr günstig. Pro 100 Kilometer zahlt man etwa drei bis vier Euro. Buchen kann man die Tickets entweder vor Ort, besser kauft man sie jedoch im Voraus, zum Beispiel über die Plattform 12GoAsia. Damit man in Ruhe schlafen kann und nicht von den lauten TikTok-Videos der Mitreisenden gestört wird, sollte man Kopfhörer oder Ohrenstöpsel mitbringen. Vor Ort kann man die Umgebung am schnellsten und flexibelsten mit einem Motorroller erkunden. Verleihe gibt es an jeder Ecke. Allerdings findet der komplette vietnamesische Verkehr auf dem Moped statt – und der hat es in sich. Wir hatten zu viel Respekt (eigentlich eher Angst), uns unter die unzähligen Einheimischen zu mischen, die wild durcheinander fahren, oft nur knapp aneinander vorbei schrammen und per Hupe klären, wer Vorfahrt hat. Statt uns selbst auf eines der Gefährte zu begeben, liehen wir uns oft Fahrräder aus. Längere Distanzen legten wir per Grab zurück. Grab ist quasi das vietnamesische Uber und ein der wichtigsten Apps, die man sich für die Reise im Land zulegen sollte. Über Grab kann man sich jederzeit und fast überall spottbillige Taxen rufen. Wetter: Tropische Hitze und Taifune In ganz Vietnam herrscht tropisches Klima, allerdings unterteilt sich das Land in drei verschiedene Klimazonen, deren Zusammenspiel es nicht einfach macht, die beste Reisezeit festzulegen. Im tropischen Süden betragen die Temperaturen ganzjährig etwa 30 Grad, Februar bis Mai sind die heißesten Monate mit bis zu 35 Grad, von Juni bis Oktober herrscht Regenzeit. Die angenehmsten Monate sind November, Dezember und Januar: Der Regen lässt nach und die Temperaturen betragen durchschnittlich 30 Grad. Im Norden geht die Trockenzeit von November bis April. Die Temperaturen sind mit 18-26 Grad deutlich milder. Die Monate Mai bis Oktober sind bei 25 bis 33 Grad eher feucht, im September und Oktober können zusätzlich Taifune auftreten, die mit starkem Wind und heftigen Regenfällen für Überschwemmungen und Hochwasser sorgen. In Zentralvietnam, wo beide Klimazonen aufeinandertreffen, regnet es noch mehr. Vor allem im September, Oktober und November sind Taifune keine Seltenheit. Ab Januar ist es bis August trockener und mit 26 bis 35 Grad zum Teil sehr warm. Zusammenfassend kann man als grobe Faustregel festhalten, dass die deutschen Winter- und Frühlingsmonate sich am besten für eine Reise nach Vietnam eignen. Währung: Eine halbe Million, bitte Ein Vietnam zahlt man mit Dong. Ein Euro entspricht (Stand Januar 2024) etwa 26.000 vietnamesischen Dong. Diese sollte man im besten Fall bar parat haben – Kartenzahlungen sind außerhalb der größeren Städte nicht weit verbreitet. Selbst in den Unterkünften wird in der Regel Bargeldzahlungen erwartet. Wer eine größere Menge Geld abheben will, kommt schnell an seine Grenzen. Mehr als 80 Euro (zwei Millionen Dong) erlauben die meisten Bankautomaten nicht. Allerdings sollten zwei Millionen Dong für einige Tage ausreichen. Eine Übernachtung kostet – egal ob Hostel oder Boutique-Hotel – etwa drei bis zehn Euro, ein Kaffee oder ein Bier etwa einen Euro, ein Mittagessen nicht mehr als sechs Euro und Eintritte zu kulturellen Stätten nicht mehr als fünf Euro. Auf Märkten oder in Souvenir-Läden von Einheimischen darf man gerne handeln. Die Vietnamesen setzten die Preise für Ausländer in der Regel deutlich höher an als für Einheimische. Manche Verkäufer sind sehr penetrant und wollen Touristen nicht gehen lassen, bevor sie etwas gekauft haben. Da hilft nur ein deutliches Nein. Vorsicht ist auch geboten bei Frauen, die Körbe voller Obst über den Schultern tragen und sich als Fotomotiv anbieten. Meist bekommt man anschließend zwar noch eine Banane in die Hand gedrückt, der Preis, den die Damen für ein Bild verlangen, ist mit zehn Euro aber deutlich übertrieben. Kultur: Sprache, Religion, Essen Englisch ist in Vietnam nicht sehr weit verbreitet. Selbst in den großen Städten wie Hanoi, Ho-Chi-Minh und Hoi An sprechen viele Einheimische nur bruchstückhaft Englisch. Manche können sich hervorragend in der Fremdsprache ausdrücken, die meisten beherrschen – wenn überhaupt – nur Grundlagen. Außerhalb der Städte kann kaum jemand Englisch. In den Gesprächen mit Einheimischen hat uns neben Gestik vor allem der Google Translator weitergeholfen, den wir dank der SIM-Karte jederzeit benutzen konnten. Ohne das Tool wären wir manchmal ziemlich verloren gewesen. Ein weiterer Punkt also, der für eine SIM-Karte spricht. Die Einwohner Vietnams sind größtenteils atheistisch. Etwa 80 bis 90 Prozent folgen offiziell keiner Religion. Je fünf Prozent rechnen sich dem Christentum und dem Buddhismus zu. Obwohl die Mehrheit keiner der großen Konfessionen angehört, sind die Menschen in Vietnam alles andere als ungläubig. Tatsächlich zelebriert nahezu jeder Haushalt die "Folk Religion" ("Volksreligion"). Dabei handelt es sich um eine Reihe von Anbetungspraktiken, die übergeordneten Göttern oder den Vorfahren gewidmet sind. Nahezu jede Familie besitzt zuhause einen Altar, der mit Fotos von Verstorbenen und verschiedenen spirituellen Symbolen geschmückt ist. Auch in Restaurants, auf Märkten und Geschäften stehen kleine Schreine mit Gottesfiguren und Räucherstäbchen. Morgens werden dort Obst, Keksen, Wasser, Kaffee, Geldscheine oder andere "Opfergaben" niedergelegt. Damit bitte man den Gott des Wohlstandes um einen erfolgreichen Geschäftstag, erklärte mir eine junge Vietnamesin, die in einem Lokal in Hanoi kellnerte. Selbst am Straßenrand findet man immer wieder improvisierte Altare oder – als Minimalversion – ein paar Räucherstäbchen in einem Blumentopf. Das vielleicht Beste kommt zum Schluss: Die vietnamesische Küche, die mindestens genauso reich und vielfältig wie die Landschaft ist. Traditionell wird mit viel frischem Gemüse, Pilzen, Kräutern und Gewürzen gekocht, was die landestypischen Gerichte unglaublich aromatisch macht. Dazu gibt es Reis, (Reis-)Nudeln, Tofu, Fleisch (meist Rind, Schwein oder Geflügel) oder Fisch. Lässt man die tierische Komponente weg, sind die meisten Gerichte auch vegan. Sich pflanzlich zu ernähren ist in Vietnam ohnehin kein Problem. Vegetarische Restaurants, die auch als solche deklariert sind, gibt es überall. Neben Klassikern wie "Pho" (vietnamesische Nudelsuppe), Sommerrollen und "Banh Mi" (vietnamesisches Baguette – das mit Abstand beliebte Street Food) empfehle ich "Banh Xeo", einen knusprigen Pfannkuchen aus Reismehl. Und Kaffee. Vietnam hat als einziges Land in Südostasien ein starke Kaffeekultur. Traditionell werden die gemahlenen Bohnen durch einen Metallfilter ("Phin" auf vietnamesisch) gebrüht. Das Ergebnis ist "Ca Phe Sua Da", schwarzer und sehr starker Kaffee. Damit bereiten die Einheimischen alle möglichen Kaffee-Spezialitäten zu. Beispielsweise den berühmten Egg Coffee: Kaffee mit Kondensmilch und einem aufgeschlagenen Eigelb (schmeckt nach Eierlikör). Oder Coconut Coffee: Eine Mischung aus Kokoscreme, die mit Crushed Ice zu einer Art Kokos-Frappé verarbeitet und anschließend mit Kaffee übergossen wird. Dieses süße, koffeinhaltige Getränk avancierte schnell zu meinem Grundnahrungsmittel auf der Reise. |
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