Risiken umfasst, können nicht alle Eventualitäten ausgeschlossen
werden. Aus diesem Grund sollte das Risikomanagement nicht
überbewertet werden.
Künstliche Intelligenz wird sicher auch einige. Arbeitsplätze
vernichten. Solche Perspektiven wecken natürlich Angste: So wird
manchmal befürchtet künstliche Intelligenz könnte die menschliche
Arbeitskraft vollkommen überflüssig machen. Denn gewiss wird
sie die menschliche Leistungsfähigkeit in einigen Bereichen um
Längen übertreffen. Oft werden auch Zweifel an der zukünftigen
Beherrschbarkeil künstlicher Intelligenz geäußert. Doch vieles,
was man darüber liest liegt noch in weiter Ferne. Sicher wird
künstliche Intelligenz nicht in den nächsten Jahren alle Probleme
der Menschheit lösen. Heute soll sie in erster Linie dazu beitragen,
Fehlerquellen zu minimieren, also den menschlichen Faktor als
Fehler auszuschließen. Ein Beispiel dafür ist die Entwicklung
selbstfahrender Autos. Schließlich ist die Mehrzahl der Unfälle auf
menschliche Fehler zurückzuführen.
Professor Neigel, ich möchte noch einmal nachhaken: Sie haben
erste Risiken ja gerade angesprochen, aber in der Gesellschaft ist
doch eine große Skepsis zu erkennen. Wie reagieren Sie darauf?
Die Skepsis gegenüber neuen Technologien war immer vorhanden,
dem kann auch ich nicht entgegenwirken. Mein Beitrag besteht
vielmehr darin, Technik für alle zugänglich zu machen, also zum
Beispiel auch für Senioren. Andererseits geht es auch darum,
Experten auszubilden. Denn hinter künstlicher Intelligenz steckt
eine komplexe Technik. Solche Expertensysteme gehören in
Expertenhände. Nur dann kann verantwortungsvoller Umgang mit
Risiken annähernd gewährleistet werden.
10> Mit welchen konkreten Risiken wäre denn zu rechnen, wenn große
Teile der Lebensverwaltung in die Hände von Maschinen fallen? Denn
es geht doch auch um Datenverwaltung, um Statistikauswertung, um
automatisierte Dienstleistungen, oder sehe ich das falsch?
Nein, das sehen Sie ganz richtig. Ich sehe das Risiko auch, aber die
Antwort auf diese Frage sehe ich nicht aufseilen der Wissenschaft.
Sicher, wir handeln nach moralischen und ethischen Grundsätzen,
aber Ihre Frage muss von Politikern und von Juristen beantwortet
werden. Es können eindeutige Regelungen und Gesetze geschaffen
werden. Noch sind die Gesetzeslücken enorm, daher müssen auch
die Anwender und Endkunden ihre Verantwortung wahrnehmen. Der
Eigenschutz und die Sicherung der eigenen Daten ist ja nicht nur
im Sinne des Verbrauchers - es ist sogar seine Pflicht. Die meisten
Risiken entstehen ja auch im Grunde durch den Anwender. Aber
ebenso nskant ist auch eine fehlende rechtliche Basis.
!> Was wäre denn dafür ein konkretes Beispiel?
Na, nehmen wir zum Beispiel wieder selbstfahrende Autos. Noch
sind sie nicht serienreif, und es wird eine Weile dauern, bis sie auch
für den Normalverbraucher erschwinglich sind. Doch dann werden
sie einige Verbesserungen bringen: Sie werden dazu beitragen, dass
die Zahl der Unfälle zurückgeht. Außerdem werden sie effizienter
fahren als normale Autos, sodass der Kraftstoffverbrauch abnimmt.
Sogar die Parkplatzsuche könnte automatisiert werden.
Doch wer übernimmt die Verantwortung, wenn ein solches Fahrzeug
in einen Unfall verwickelt wird? Der Fahrer? Der Hersteller? Oder
werden wir bald Autos vor Gericht stellen? Sie sehen, hier ist noch
einiges ungeklärt. Und auch die Frage, wie das Programm eine
Entscheidung trifft, wird uns beschäftigen. Stellen Sie sich folgende
Situation vor: Sie programmieren Ihr Auto, möglichst sparsam und
umweltschonend zu fahren, und es kommt zum Ergebnis, dass es am
sparsamsten und umweltschonendsten is erst gar nicht loszufahren,
und es schaltet sich einfach ab. Diese Konflikte zwischen Mensch
und Maschine müssen geregelt werden, genauso wie Konflikte
zwischen Menschen geregelt werden. Es wird ganz sicher ein
zukünftiges Miteinander zwischen Menschen und Technik geben.
> Das Beispiel klingt erst mal amüsant, aber übertragen auf andere
Bereiche ist es doch erschreckend. Müssen wir uns nicht doch
Sorgen machen?
Nein, im Moment brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.
Wissen Sie, Maschinen rechnen und werten Daten aus, doch an
Erkenntnissen mangelt es ihnen und Bedürfnisse haben sie auch
nicht. Sobald Maschinen allerdings Bedürfnisse entwickeln und
darüber hinaus auch den Drang, diese zu befriedigen, kann es aber
gefährlich werden. Wenn meine Schach-App also aus Frust über ein
verlorenes Spiel mein Handy ausschaltet und sperrt mache ich mir
wirklich Sorgen. Es ist also wichtig, dass die Wissenschaftler solche
Möglichkeiten nicht aus den Augen verlieren. Es wird ihre Aufgabe
sein sicherzustellen, dass Systeme, die mit künstlicher Intelligenz
arbeiten, kein Eigenleben entwickeln, das wir nicht wollen.
P. Aber wie können wir dem entgegenwirKen? ln der heutigen Zeit
scheint doch nichts mehr unmöglich, auch nicht die beleidigte
Schach-App.
Zum einen muss man sagen, dass natürlich alles vorstellbar ist,
aber vielleicht nicht alles umgesetzt werden sollte. Aber hier sind
Wissenschaftler und Politiker gefragt. Es geht vor allem darum, dass
Maschinen unser Leben bereichern und dem Menschen dienen. Aber
sie sollten eben nur von Experten bedient werden, und das muss
gesetzlich gesichert werden. Die Verantwortung dafür liegt natürlich
beim Menschen, diese muss er aber dann auch tragen und ertragen.
Hier sehe ich ganz klar Handlungsbedarf. Eine Verteufelung der
Technik wird unnötig, wenn die Regeln zum Einsatz klar sind und
die Verantwortung auf den Schultern von kompetenten und integren
Entscheidungsträgern liegt.
t> Darf ich Ihnen noch eine letzte Frage stellen?
Aber natürlich, gerne.
t> Haben Sie Ihr Handy mit einer PI N gesperrt?
Sicher! Aber das hat nichts mit künstlicher Intelligenz zu tun, sondern
ist eine reine Vorsichtsmaßnahme gegen Diebstahl. Schauen Sie mal
hier - meine Uhr. Das ist unser Prototyp. Wenn mir jemand mein
Handy stiehlt, kann ich mit diesem Knopf hier an meiner Uhr mein
Mobiltelefon erreichen, kann Daten löschen oder in einer Cloud
speichern und vor allem das Gerät komplett ausschalten. Das ist
schon wichtig, denn ich teste ja auch viele unserer Produkte selber
und habe ein - man kann fast sagen - Super-Smart-Haus, das
ich von meinem Mobiltelefon aus steuere. Das möchte ich nicht
in fremden Händen wissen. Ich kann ja sogar die Temperatur in
meinem Kühlschrank mit meinem Handy einstellen - das sollte
besser niemand anderes tun.
.... Ach, darf ich das mal sehen? Wie geht das?
Na klar, da brauche ich mein Handy. So . . . ja . . . schauen Sie hier.
.... Ich kann ja sogar 1n Ihren Kühlschrank schauen!
Ja, klar. Ich muss doch wissen, was ich einkaufen muss. Und ich nutze
das wirklich, aber ich habe ja auch ein Fa ible für solche Spielere•en.
.... Professor Neige!, ich danke Ihnen herzlich für das Interview und Ihre
Ausführungen!
Nächste Woche geht es dann in unserer Sendereihe weiter mit dem
Thema ,Gesundheit und technischer Fortschritt". Ich verabschiede
mich für heute und wünsche Ihnen eine angenehme Woche.